Artikel der Kirchenzeitung zur Israelfahrt des Mentorats
Den Wurzeln nachspüren
Aachener Lehramtsstudierende bereisten mit dem Bischof und dem Mentorat das Heilige Land
Von Thomas Hohenschue
Über den christlichen Glaubensprechen lässt sich auf vieleWeisen. Junge Menschen fürihn zu begeistern, gelingt einemallerdings nur mit einertiefen inneren Verbindung.
Religionslehrer stehen Tag für Tag vor der Herausforderung, Kinder und Jugendliche einer säkularisierten Gesellschaft zur Auseinandersetzung mit einer mehrtausendjährig geprägtenReligion zu bewegen. Für angehende Pädagogen scheint die Herausforderung heute noch größer, so Beobachter, weil sie oft genug selbst nicht mehr auf eine klassische christliche Sozialisation zurückblicken.
Im Mentorat für Lehramtsstudierende der Katholischen Theologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen erprobt man vor diesem Hintergrund vielfältige Wege, den Glauben nicht nur intellektuell, sondern vor allem spirituell und emotional erfahrbar zu machen. Gemeinschaftsstiftende Aktivitäten in der Kaiserstadt gehören ebenso dazu wie außergewöhnliche Unternehmungen, die Erfahrungsräume bieten für christliches Leben und Erleben heute.
Einen idealen Erfahrungsraum für das, was das Christentum in seinen tiefsten Dimensionen prägt, bietet Israel. Gemeinsam mit Pfarrer Willi Bruners arbeiteten deshalb Pfarrer Christoph Stender und Gemeindereferentin Anita Zucketto-Debour vom Mentorat eine Rundreise durch das Heilige Land aus. Als einige angehende Religionslehrer und das Begleitteam des Mentorats neugierig und vorfreudig israelischen Boden betraten, wussten sie von einem besonderen Reisegefährten. Denn auch Bischof Heinrich Mussinghoff hielt sich im Heiligen Land auf und stieß immer wieder zur Aachener Reisegruppe dazu. Die unkomplizierte, offene und herzliche Begegnung mit dem Diözesanbischof war schon eines der vielen besonderen Erlebnisse, welche die Reise den jungen Leuten bot.
Impulse erhalten, die später im Beruf tragen
Bewegend zum Beispiel der Moment, als Mussinghoff in einer Predigt über seine Zugänge zum Glauben und seine Visionen von der Zukunft der Kirche sprach. Solches Zeugnis gibt Impulse, die tragen. Und das war ja das Grundanliegen der gemeinsamen Reise. Die angehenden Religionslehrer sollten neben ihrer fundierten theologischen Ausbildung an der Hochschule spirituelles und emotionales Rüstzeug für ihren künftigen Beruf erhalten. Wann immer sie über das Christentum, seine Botschaften und Werte, seine Geschichte sprechen, sollen sie auf ihre Erfahrungen und Gefühle aus Israel zurückgreifen können.
Und es gab wahrlich viele Momente bei dieser Reise, die unter die Haut gingen. Oft bedurfte es überhaupt nicht vieler Worte, um tief berührt zu werden. Die Orte sprechen für sich selbst, insbesondere diejenigen, die bereits zur Zeit Jesu existierten. Die Verknüpfung mit dem, was die Heilige Schrift berichtet, lässt den Atem stocken oder das Herz höher schlagen. In der Begegnung werden Tausende Jahre Geschichte lebendig, Wurzeln des Glaubens freigelegt. Wort- und bildgewaltig begleitete Pfarrer Willi Bruners die Reisegruppe, verband geschichtliches Wissen und die Worte der Bibel. Es war eine bewegende Erfahrung für viele Studierende, so Pfarrer Christoph Stender, dass es diese Orte tatsächlich gibt. Abstraktes Wissen aus der Ausbildung nahm konkrete Gestalt an.
Zum künftigen Aufgabengebiet der Lehramtsstudierenden gehört auch die Auseinandersetzung mit anderen Weltreligionen und mit den ethischen Fragestellungen, die im Zusammenhang mit dem Zusammenleben der Kulturen und Religionen stehen. Auch dafür bietet Israel ideale Möglichkeiten der Anschauung und der eigenen Meinungsbildung.
Allein im Schmelztiegel Jerusalem konfrontierte der heutige Alltag die Reisenden mit dem Reichtum der religiösen Überlieferungen und Frömmigkeitsformen, aber auch mit den Spannungen, die sich aus gravierenden politischen und sozialen Konflikten und Ungerechtigkeiten ableiten.
Die Aachener Reisegruppe besuchte neben religiösen Stätten verschiedener Kulturen auch Einrichtungen, die in der explosiven Gemengelage sinnvolle soziale Arbeit leisten. So begegnete man Menschen, die aus christlicher Motivation an Frieden und Versöhnung zwischen denVolksgruppen arbeiten. Man sprach mit Lehrern, die an der Schule Verständigung fördern. Man lernte Menschen kennen, die als Mitarbeiter im Krankenhaus die Schattenseite der politischen Verhältnisse in Israel und Palästina erfahren.
Bilder und Gefühle bei der Arbeit abrufen
Auch diese Begegnungen fließen in die künftige Arbeit der Religionspädagogen ein, so die Hoffnung von Pfarrer Christoph Stender und Anita Zucketto-Debour. Wenn die Mitreisenden bei ihrer beruflichen Tätigkeit so manches Bild, manches Gefühl, manchen Gedanken aus der Fahrt nach Israel abrufen können, dann spätestens hat sich das Unternehmen gelohnt.
Das Mentoratsteam ist da angesichts positiver Rückmeldungen zuversichtlich. Und so wird nach Reisen an den Sitz der Kirche, die Heilige Stadt Rom, in absehbarer Zeit eine erneute Spurensuche im Heiligen Land Israel anstehen.