mentorat aachenMentorat für Lehramtsstudierende der Katholischen Theologie an der RWTH Aachen

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Neuigkeiten und Ankündigungen rund um das Mentorat Aachen.

Eine Idee lernt laufen und verändert alles

Clara Fey und ihre Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“

Geschwister Fey
Geschwister Fey

Wir bleiben einer fitten Frau auf der Spur. Clara Fey, Kind aus wohlhabendem Hause, lernt schon früh zu schauen auf das, was in der ersten Hälfte des 19. Jh. in ihrer Heimatstadt Aachen passiert. Clara ist „Kind“ der Zeit der Industrialisierung in Europa. Später wird man diese Zeit das Zeitalter der „Industriellen Revolution“ nennen. Aber später wird man auch analysieren, dass in dieser Zeit die Kinderarbeit zu katastrophalen sozialen Folgen führte. Konkret in Aachen „zählte man 1805 zum Beispiel in der Fabrik der Familie Jecker von den 250 Arbeitskräften 225 Kinder zwischen vier und zwölf Jahren.“[1] Solche Kinder arbeiteten oft über 12 Stunden pro Tag für einen Hungerlohn. Im Hause Fey waren Arbeitslosigkeit und Kinderarmut Thema. Die Geschwister Fey, wache Priester der Stadt, Freundinnen von Clara und andere sozial engagierte Frauen trafen sich sonntäglich. Ihr Ziel, Perspektiven zu suchen, um der körperlichen und geistigen Verarmung und Verelendung vieler Menschen in ihrer Stadt etwas entgegen zu setzen. In Claras Gedanken und Herz begann nun unaufhaltsam eine Idee „laufen zu lernen“, die ihr Leben radikal verändern würde.

Clara und mit ihr ihre ersten Begleiterinnen in diesem Prozess, begannen ihre persönliche Zukunft mit dem Schicksal besonders der in Armut lebenden Kinder und Jugendlichen in Verbindung zu bringen. Das bedeutete für sie, die eigene persönliche Zukunft konkret und dauerhaft mit der Existenz der Armut von Kindern zu verbinden. Sie wollten mit diesen armen Kindern nicht mehr nur im Vorübergehen zu tun haben, sondern sie wollten sich biografisch an jedes dieser armen Kinder binden.

Dieser Wunsch, aus christlicher Überzeugung gereift, ist der Kern dessen, was später Claras Apostolat genannt werden wird und das derer, die sich in der von ihr gegründeten Gemeinschaft der „Schwestern vom armen Kind Jesus“ organisierten und organisieren. Die Faszination, die von der Entwicklung einer Persönlichkeit wie der von Clara ausgehen kann, liegt nicht nur in deren historischen Betrachtung. Faszination für solche Menschen liegt auch darin, dass unsere Gesellschaft solche Entschiedenheit (unabhängig davon in welche Lebensform eingebettet) braucht, um in ihrem Kern zu überleben. Das spüren Menschen auch heute!

Faszination üben Menschen aus, die versuchen unsere Gesellschaft davon abzuhalten in ihren tiefsten Abgrund zu stürzen, den der Vergessenheit des Anderen. Gesellschaft kann konstitutiv nur existieren, wenn sie wertschätzend und wertschöpfend auch die Schwachen in den Blick nimmt, und das sind auch heute noch im Besonderen Kinder.

Luise Hensel
Luise Hensel

Auf diesem Weg, den Clara nun eingeschlagen ist, spielte eine ihrer Lehrerinnen eine zentrale Rolle. Sie ist heute bekannt als die Dichterin Luise Hensel. Von 1827 bis 1833 unterrichtete sie am St.-Leonhard-Stift in Aachen, dem heutigen St. Leonhard Gymnasium. Welche Qualität hatte ihr Unterricht damals? Luise Hensel vermittelte, gestützt auf ihren Glauben, auch in der Unterrichtung von Kunst und Literatur die Grundlagen einer eigenverantworteten Bildung. Sie führte so im damaligen Schulsystem fort, was in Claras Elternhaus schon grundgelegt wurde: Bildung ist auch Eigenverantwortung, der aber die Chance gegeben werden muss, sich bilden zu können.

Zweiter Teil einer siebenteiligen Serie über die „Schwestern vom armen Kind Jesus“, anlässlich der Überführung der sterblichen Reste deren Gründerin Schwester Clara Fey im September 2012, von Simpelfeld (NL) in ihre Heimat nach Aachen. Erschienen in:  Burtscheid aktuell, Ausgabe 10, August 2012

[1] Hermans, Jo. Im Dienst des Armen Kindes, S. 15. Originalausgabe: Hermans, Jo. In dienst van het arme kind. Verlag Stichting R. K. Voorlichting, Oegstgeest, Reihe Katholieke Informatie, 1993. Übersetzung der  Originalausgabe ins Deutsche: Ernst Savelsberg.